gelassen
stieg die Nacht ans Land,
gab dem Tag die kühle Hand
und sprach: „Was hast Du heut gemacht?
Ordentlich was weggeschafft?
Was angestoßen, was bewegt?
Was Bravouröses hingelegt?
Was vollbracht, etwas vollendet?
Das Blatt so grade noch gewendet?
Gelang die Quadratur aus Kreisen?
Das Schmieden der noch heißen Eisen?
Hast Du ’ne Vision am Start?
Das Wagnis – wurde es gewagt?
„Ach“, gähnt der Tag, fast am Verblassen,
„weißt Du was? Ich hab’s gelassen.“
Britta Koth, Zarrentin
die fehlten
und stellte die menschheit das atmen ein
und trocknete aus, den pandemischen keim
so wär wohl der schöpfung geholfen
das klima würde sich selber retten
und tiere lebten auf nährenden stätten
und nichts mehr stünde dem gelde feil
und keinen gäb es, der mehr von was wollte
es würde nicht wachstum noch fortschritt sein
und gedanken, die fehlten – die fehlten
Leonhard Ehlen, Bäk
Du fragtest
welche Farbe hat die Wahrheit ...
Ich denke – blau
der Himmel, das Meer,
unsere Fensterrahmen –
und deine Augen.
Heute weiß ich,
die Wahrheit war blau
wie meine Flecken, als ich ging ...
Helga Grunwald, Lübeck
triptichon γ –
es gibt keine neuen wörter
es gibt keine neuen wörter
und die früheren
verlangen keine wiederholungen
gespräche
führen wir schweigend
jeder mit sich selbst
es gibt keine neuen wörter
die bäume immer noch
lehren uns
wie man den kopf hochhebt
der wilde flug der befreiten vögel
und der mut des fallenden tropfens
sind uns nah
Iwona Lompart, Nürnberg
Jetzt, da wir ausgeruht sind
von uns selbst
kann sich alles verbinden,
in einem kleinen roten Beutel
verstauen wir das Wesentliche dieser Zeit.
Durchschwimmen wieder Sommer-Seen und Flüsse.
Jeder Muskel ist stark und bunt bemalt.
Im Fluss, da lässt sich die Geschichte eines jeden
begreifen: Ein Fisch, den du glücklich fängst,
mit einer Hand, bestaunst, vorsichtig entlässt.
Es geht jetzt nur um kostbares Leben,
im Grunde.
Ingeborg Woitsch, Berlin
Reim und Maß
Suchst du den Reim,
der nach genauem Maß,
sich an die Zeile schmiegt?
Suchst du sein Gegenpart,
das ihm als Echo dient?
Selbst wenn der Reim verrinnt,
falls nur das Versmaß stimmt,
die Rhythmen stimmig sind,
ist alles da!
Die Worte stolpern nicht!
Selbst wenn der Reim nicht singt;
ein zartes Luftgedicht,
das voller Anmut ist,
kommt selber klar.
David Jacobs, Bad Honnef-Hövel
Abwechslung
ich
passe
nicht mehr
es
passt
nicht mehr
es
geht
nicht mehr
weiter
geht es
H. U. Gosmann, Lübeck
Praktisch
alles
nach
den
elementaren
momenten
in
ergebenheit
Ulmia Schneider, Lübeck
kaa alde sau
des hob i mer fei glei dengd
dass eich des worschd is
dass eich des
a su wos vu worschd is
wenn mi däi saubaddln
am groang baggn
wenn mi däi aldn dreegsei
wechhuln kumma
vu maaner glaaner suggerla
ober glaabsters naa
wenn i etz nu kennerd
wenns etz nu gengerd
daad i den ganzn sauschdall
fei a su wos von ausraamer
daad i däi sauhünd mid meim
sauamerla a su wos vu
baddschn und waadschn
bis dävoo hutzn wäi gsengde säi
bloaß hald wennd nacher glei
mei schäine öhrla unds rüssala
in eiern bläidn bressagg babbn
und mei aadlicher schweinskuubf
in derer daamischn sülzn glibberd
dann is eich des aa bloadworschd
dann grunzd am end
zu dererner ganzen sauerei
kaa alde sau
Siegfried Straßner, Nürnberg