Liebe Freundinnen und Freunde des guten Wortes, liebe Fans des Fränkischen,
ich weiß, Fränkisch ist so unterschiedlich wie die Menschen, die diese Mundart sprechen. Nicht nur in Nämberch (Nürnberg) und Färdd (Fürth) werden Nuancen anders betont, auch in Ober- und Unterfranken spricht man ned asu wäi in Mittelfranken – und von den fränkischen Enklaven in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen war noch gar nicht die Rede.
Meines Erachtens gibt es kein für alle Regionen gültiges »Hochfränkisch«. Wennsd edz ä Schrifdschdellä bisd und dei Schbrooch affs Babier bringer wyllsd, hosd ä Broblem. Deshalb habe ich in den 31 Gedichten und Geschichten zwei Zungenschläge gewählt, die ich aus meiner Kindheit kenne: den weicheren, eher ländlich geprägten meiner Mutter und den härteren, städtischen meines Vaters. So habe ich es gelernt, so habe ich es gehört, anders kann ich es gar nicht wiedergeben.
Da diese zwei Stimmen in mir sprechen und aus mir herauswollen, habe ich in den Geschichten eher die Aussprache meines Vaters zu Wort kommen lassen, in den Gedichten eher den Dialekt meiner Mutter.
Apropos: Was Sie heute und in den nächsten Tagen lesen und hören können (stets heftet eine Audio-Datei an den Aussendungen!), ist eine Mixtur aus meinem knapp 25-jährigen Mundart-Schaffen. Mit 20 Jahren fing ich im Zivildienst an, Dialekt zu schreiben. Heute bin ich fast 44 und kann es immer noch nicht lassen. Deshalb spielen die hier versammelten Gschichdn und Gedichde in höchst unterschiedlichen Zeiten. Sie drehen sich um meine Erlebnisse mied alde Laid in dä Zivizeid, handeln aber auch von der sogenannten »Flüchtlingskrise« und davon, was Heimat eigentlich bedeutet (und wie man sich als Exil-Franke im Norden fühlt), sie erzählen von den Erfahrungen meiner Oma (eine überzeugte Mundartsprecherin) und von Erkenntnissen, die ich heute habe, wenn ich in Franken bin; mehrmals im Jahr reise ich mit meiner Familie dorthin, nicht zuletzt des Holzofenbrotes wegen ...
Es gibt auch ganz neue, schreibtischfrische Texte, die extra für diesen Niusledder (Newsletter) entstanden sind.
»Hosd däs edz?« deederd mei Oma soong, die meine ersten Veröffentlichungen in diesem direkten und ungekämmten, aber auch liebevollen und tiefgründigen Dialekt noch erlebt hat. »Fängsd edz amol oo – odder mäin mir uns aff ä Doggderärberd eischdelln?«
Ich folge der Aufforderung – und schicke das erste Gedicht an 238 Abonnentinnen und Abonnenten. Dabei gilt, was auch schon bei meinem Vorgängerprojekt, der Lyrischen Post, gegolten hat: Der Mundart-Monat wünscht sich den Austausch. Schreiben Sie mir, was Ihnen zu den Gedichten und Geschichten einfällt! Denn Literatur ist ja nur so gut wie die Menschen, die sie in ihrem ganz eigenen Sinne lesen.
Herzliche Grüße
Matthias Kröner